Menü Schließen

Antworte auf: First Pass Effekt

#3558
wunderlich
Teilnehmer

Guten Tag.
Ja meine Frage bezog sich genau auf diesen Abschnitt. Dort wird ja theoretisch erläutert dass ein First-Pass Effekt bei Östradiol nicht existiert. Es kann so verstanden werden, dass dieser Effekt allgemein nicht existiert:

Immer wieder wird gesagt und auch in Fachartikeln von Wissenschaftlern geschrieben, Cremes oder Pflaster seien besser. Angeblich würde nur so sichergestellt, daß die Leber die Wirkstoffe nicht schon im ersten Durchgang abbaut (=„first pass effect“).
Erstaunlicherweise gilt diese Einschränkung offensichtlich nur bei natürlichen human-identischen Hormonen, weil ja jeder Mensch die allermeisten Medikamente natürlich schluckt und trotzdem die Wirkung problemlos verspürt.

Zudem bringt die Pharmaindustrie im Moment eine ganze Reihe oraler Hormonpräparate für die Wechseljahre auf den Markt (z.B. QLAIRA ®), und hier soll dann der „first pass effect“ nicht gelten?

Natürlich werden Hormone auch bei oraler Einnahme – also über den Mund – im Körper ihre Wirkung entfalten, alles andere widerspricht der täglichen Erfahrung – aber was ist dann mit dem first pass effekt?

aber nur weil Hersteller orale Hormonpräparate verkaufen heisst es ja nicht dass diese perfekt sind und es wird ja auch nicht behauptet, der First-Pass Effekt würde das Estradiol vollständig eliminieren. Vielmehr ist es so dass etwa 80-90% des Östradiols metabolisiert werden und 10-20% als Östradiol durchkommen. Durch hohe Dosierung (z.B. 2 mg oral statt 0.6mg transdermal) wird die gleiche Wirkung auf den Östradiolspiegel erzielt, jedoch entstehen dabei Metabolite, vor allem Östron. Bei oraler Anwendung von Östradiol wird also bei gleichem Laborwert für Östradiol im Blut das Gesamtöstrogen viel höher sein, das meiste davon liegt allerdings als weitgehend inaktives Östron vor. Das Verhältnis von E1 (Östron) zu E2 (Estradiol) liegt bei oraler Gabe nach Studien etwa bei 5:1, bei transdermaler Applikation nur bei etwa 1:1, bei Hormoninjektionen als Depot nahe dem natürlichen Verhältnis von 0.5:1. Dies spricht also zumindest bei regulärer klassischer oraler Gabe von natürlichem/bioidentischen Östradiol für einen existierenden First-Pass Effekt. Gleiches gilt im übrigen für Progesteronkapseln (mikronisiertes Progesteron in Öl), welches z.B. oral nur 1/4 der Effizienz hat als rektal, da rektal ein wesentlich geringerer First-Pass Effekt auftritt.

Tabelle

Daher dann der zweite Teil meiner Frage – in der FAQ wird ja darauf hingedeutet dass durch die spezielle Applikationsform von Östradiol welches direkt in Öl gelöst ist sicherstellt, dass das Östradiol den First-Pass Effekt trotz oraler Aufnahme umgehen kann. Ob dies individuell oder generell der Fall ist kann ja durch die Messung von Östradiol (E2) plus Östron (E1) anhand des Verhältnisses festgestellt werden. Jedoch sehe ich Östron nicht in der Liste der zu beobachtenden Laborwerte, daher ist meine Frage ob diese Messung dennoch gemacht wird oder gemacht wurden, um zu belegen , dass der First-Pass Effekt umgangen wird. Gibt es also medizinische Belege dass bei dieser speziellen Applikationsform anders als bei traditionellen Östradiolpillen der First-Pass Effekt umgangen werden kann? Bei Progesteron-Gelkapseln mit mirkonisiertem Progesteron in Öl wird der Effekt ja nicht umgangen, aber es kann natürlich sein dass sich Progesteron in Bezug auf die Aufnahme im Magen/Darm Trakt oder in Bezug auf den First-Pass Effekt von Estradiol unterscheidet.

Viele Grüße
Dr. Anja Wunderlich